Herzlichen Glückwunsch zur Geburt deines Kindes. Es muss doch das schönste Gefühl auf der ganzen Welt sein, dass du gerade empfindest. Gibt es überhaupt irgendetwas schöneres? Frisch gebackene Mama eines gesunden Kindes. Einfach toll! NEIN nicht immer! Es ist normal das auch anders zu sehen. Ich möchte die Mamas heute ermutigen, offen über ihre Gefühle zu sprechen und sich nicht einreden zu lassen was Mama zu Denken und zu Fühlen hat. Gewissensbisse fehl am Platz!
In der Schwangerschaft sind viele Hormone im Körper aktiv. Gegen Ende der Schwangerschaft ist der Bauch ordentlich groß, oftmals etwas Wasser in den Beinen, die Gefäße haben sich geweitet, das Gewebe lockert sich, die Brust bereitet sich zum Stillen vor, wird größer, schmerzt teilweise oder es kommt schon der ein oder andere Tropfen Milch…. Ich könnte noch viele weitere Punkte aufzählen. All das machen die Hormone. Und das ist gut so. Alles dient zur Vorbereitung auf den ganz großen Tag. Die Geburt deines Kindes und dessen Versorgung. Nun ist es so weit und dein Sonnenschein möchte auf die Welt kommen. Nach viel Wehenarbeit ist es nun da und liegt ganz nackig auf deiner Brust.
Nachdem das Baby geboren ist, ist die Geburt allerdings noch nicht beendet. Was jetzt kommt ist meist keine sonderlich anstrengende Arbeit mehr, aber auch die Plazenta muss noch geboren werden. Die Plazenta ist ein Organ auf Zeit. So habe ich das in meiner Ausbildung gelernt. Sie sichert die Versorgung des Kindes in der Schwangerschaft. Erst wenn die Plazenta da ist, ist die Geburt beendet und die Hormone im Körper schalten von Schwangerschaft auf Stillzeit um. Ist die Plazenta weg, fallen auch die Hormone ab. Dieser Abfall der Hormone hängt meinst 2 bis 5 Tage hinterher.
In der Regel bleibst du 2 bis 3 Tage nach der Geburt in der Klink. Dann ist es endlich soweit und ihr beide verlässt die Klinik, um nach Hause zu fahren. Eigentlich sollte es doch nichts Schöneres geben als mit der nun gefüllten Babyschale durch die Haustüre zu gehen. Aber zuhause angekommen schmerzen die Brüste, weil die Milch am „einschießen“ ist, vielleicht schmerzt auch noch die Naht von deiner Geburtsverletzung und in ein paar Stunden wollte schon der erste Besuch kommen. Dein Partner macht heute auch alles falsch und das nervt dich noch zusätzlich. Dir ist in den paar wenigen Tagen in der Klinik bewusst geworden, dass dieses kleine Bündel Leben nun ständig bei dir ist. Tag und Nacht. Dem Bündel ist es egal ob du müde bist und deine Brustwarzen wund vom häufigen Saugen sind. Es möchte bitteschön weiter fleißig angelegt werden. Jetzt schmeckt es erstrecht gut, schließlich ist nun endlich die ersehnte Milch da ist.
Der Baby Blues verschwindet in den nächsten Tagen von ganz allein. Mit der richtigen Mischung aus Erholung und der Unterstützung von Familie und Freunden wird es dir bald wieder besser gehen.
Es sind die Hormone, gegen die seid ihr machtlos. Aber ein guter Plan kann euch helfen. Lasst nur Menschen zu euch, die euch guttun. Die Familie, die Verständnis hat und mit gefüllten Töpfen vorbeikommt. Dein Mann, der in deinen Augen heute alles anders macht als sonst. Es wird nichts passieren, wenn es heute ein bisschen anders ist als morgen. Redet miteinander und seid für euch da. Ihr habt dieses tolle Bündel Leben, dass euch so dringend braucht. Es hat Hunger und weiß nicht, dass die Mama die Zähne bei den ersten Saugzügen vor Schmerzen zusammenbeißt. Es heilt zum Glück alles in der Regel auch ganz schnell und in ein paar Tagen denkst du nicht mehr daran. Wenn sich die Hormone reguliert haben, was nach wenigen Tagen der Fall sein wird, dann sieht die Welt auch wieder ganz anders aus.
Rede! Sprich über deine aktuelle Gefühlslage. Immer mit allen, die dir guttun! Das kann die Hebamme als vertraute Person sein, oder auch der Partner. Hauptsache du teilst dich und deine Gefühle mit!
Wenn du dich nicht so gut mitteilen kannst, weil du es vielleicht selber noch nicht bemerkt hast. Dich einfach nur irgendwie anders fühlst und dein Partner ein Gespräch mit dir sucht, dann lass zumindest das Gespräch zu. Es ist schön, wenn jemand zuhört oder einfach da ist. In der Regel fragt die nachsorgende Hebamme auch mindestens einmal wie es dir denn heute geht, ob alles gut ist. Baby Blues entsteht nicht, weil das Kind die Nacht zum Tag gemacht hat. Das mag bestimmt bei getrübter Stimmung miteinspielen, aber die Ursache ist das nicht. Hier hat deine Hebamme aber sicherlich ein paar Tipps auf Lager, um dem neuen Erdenbewohner ein bisschen Rhythmusgefühl beizubringen.
Bleibt das Stimmungstief bestehen und du entwickelst Gefühle die, nichts mehr mit dem „normalen“ oben beschriebenen Baby Blues zu tun haben, dann könnte eine Wochenbettdepression (Postnatale Depression) dahinterstecken. Auch das kann deine Hebamme oder dein Arzt erkennen und dich beraten, welche Schritte nun zu tun sind. Das ist aber dann kein Baby Blues mehr und muss behandelt werden. Bitte schäme dich niemals! Habe immer im Hinterkopf: Du kannst nichts dafür!