Die ersten Wochen als frischgebackene Mama sind geschafft, die nächtlichen „Bauchweh-Schrei-Stunden“ sind überstanden und nach der anfänglichen Verunsicherung alles richtig machen zu wollen, aber nicht genau zu wissen was eigentlich richtig ist, kommt nun endlich das heiß ersehnte Selbstbewusstsein wieder zurück. Wir Mütter strotzen vor Glück und möchten am liebsten alle Menschen um uns herum daran teilhaben lassen. JA wir haben die ersten Wochen gut gemeistert, Höhen und Tiefen hinter uns gelassen und JA, alle haben überlebt.
Das Wetter ist schön und du bist verabredet mit deiner Freundin und ihrem Säugling zum flanieren durch die Stadt und ein kleiner Kaffeeklatsch in der Eisdiele um die Ecke. Logistisch betrachtet waren die Vorbereitungen ein Wahnsinn doch jetzt ist die Wickeltasche wirklich für alle Eventualitäten gepackt und es kann los gehen.
Es klappt alles herrlich: ein bisschen schlendern, etwas Shopping und du schwebst förmlich durch die Straßen und erfreust dich an deiner Rolle als Supermama. Das Baby deiner Freundin quengelt und da sie abgestillt hat, setzt ihr euch gemeinsam in ein Café. Während sie hektisch das Fläschchen zubereitet lächelt dich dein Kind zufrieden an und du bist dankbar, dass bei dir das Stillen reibungslos funktioniert. Deine Freundin füttert nun ihr kleines Mädchen und gefühlt das ganze Café nimmt mit positiven Kommentaren Teil am Akt der Nahrungsaufnahme. Jede Bewegung wird kommentiert mit: „ Ach, wie niedlich“ „Die trinkt aber gut, die Kleine“ und vieles mehr. Schon bald ist das Baby satt und zufrieden.
Nun beginnt langsam aber bestimmend dein Sohn zu quengeln. Du bist locker und hebst ihn aus dem Wagen. Absolut selbstverständlich und professionell nimmst du ein Tuch, wickelst es gekonnt um den Träger deines Still-BHs und um dein Kind und legst in einem kleinen akrobatischen Akt dein Baby an die verheißungsvoll, prall gefüllte Brust an. Kind dockt an, saugt, Schluckgeräusche sind deutlich zu hören… PUH – alles gut gegangen… Du merkst, wie deine Anspannung nachlässt und du wieder gedanklich dein Superhelden-Cape um deine Schultern legst um dich anschließend wieder dem Gespräch mit deiner Freundin zu widmen. Dein Selbstbewusstsein ist auf dem Höhepunkt, bis du von den Nachbartischen Gemurmel wahrnimmst und dann den ein oder anderen verächtlichen Blick im Rücken spürst. Etwas verunsichert versuchst du das Gefühl abzuschütteln, denn du machst doch alles richtig… - dein Kind hat Hunger und du stillst sein Bedürfnis mit Muttermilch, ein Prozess der seit Menschengedenken so vollzogen wurde. So wie du es in diverser Literatur gelesen hast, so wie es die Hebamme im Vorbereitungskurs mantrahaft wiederholt hat – „feed on demand“ „Stillen nach Bedarf“, egal wo, egal wann.
Einige der Gäste in diesem Café scheinen davon noch nie was gehört zu haben.
Schade.
Ein Mann mittleren Alters geht an euch vorbei und äußert sich nur mit angewiderter Mine: „Kannst du das nicht zu Hause machen? Ist ja ekelhaft… packt einfach hier ihren Busen aus, also nee, echt widerlich.“
Gekränkt und fassungslos stillst du dein Kind an dieser Seite noch fertig, traust dich aber nicht mehr die zweite Brust anzubieten und möchtest nur noch weg von hier. Der Höhenflug ist schlagartig vorbei und du schleppst dich traurig und niedergeschlagen nach Hause.
Du verstehst die Welt nicht mehr… warum ist Stillen in der Öffentlichkeit verpönt?
Legt euch ein dickes Fell, unbedingt ein großes Mulltuch (meistens im Doppelpack im Drogeriemarkt erhältlich) und einen lockeren Spruch auf den Lippen zu, wenn ihr euch nicht klamm heimlich und in der Umkleide stillend wiederfinden wollt.
Bleibt gefasst und cool, solltet ihr unangenehm angesprochen werden. Ich bin auch der Meinung, dass nicht mitten auf dem Marktplatz mit „blankem Busen“ gestillt werden muss. Doch diskret mit einer leichten Bedeckung (oben genanntes Mulltuch, ist auch wichtig, dass euer Baby nicht zu sehr abgelenkt ist) kann, darf/muss sehr wohl auch öffentlich dem Hungerbedürfnis eures Kindes nachgegangen werden. Stillen ist einer der tiefsten Ur-Instinkte und ich möchte euch Mut machen und euch stärken das Bedürfnis zu Stillen zu befolgen! Lasst‘ euch nicht verunsichern von Sprüchen und Blicken, denn ich selbst habe es mir anfänglich viel zu oft zu Herzen genommen, doch diese Geschichte ist mir nur einmal passiert.
Herzlichst, eure Lucia